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Impuls zum Monatsspruch Oktober 2025

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„Jesus Christus spricht: Das Reich Gottes ist mitten unter euch“ (Lukas 17,21).

Jesus wird von den Pharisäern gefragt: „Wann kommt das Reich Gottes?“ (Lukas 17,20a). Da schwingt mit: Wenn du den Messias bist, musst du es ja wissen. Wann holst du zum entscheidenden Schlag aus? Vielleicht auch: Wird’s bald? Unerträglich, diese Warterei!
So unerträglich, dass viele Christinnen und Christen es sich zu ihrer Aufgabe gemacht haben, das Reich Gottes zu bauen, ja, alle Befreiungsgeschichte mit der Geschichte des Reiches Gottes gleichzusetzen. Die entsprechenden missionstheologischen Entwürfe bleiben im Horizont der Fragestellung der Pharisäer stecken.

So unerträglich, dass viele Christen und Christinnen der Übersetzung der Vulgata (intra vos) folgen und das Reich Gottes nach innen verlegen, als „Herzenssache“ ins Seelenleben. Die entsprechenden missionstheologischen Entwürfe bleiben weit hinter dem zurück, was Jesus von seiner Gefolgschaft im Reich Gottes erwartet. Und hinter dem, was er den Pharisäern antwortet.
Jesu Antwort: „Das Reich Gottes kommt nicht mit Auflauern. Man wird eben nicht ‚Achtung, hier!‘ Oder ‚Da!‘ sagen“ (Lukas 17,20b-21a). Bei einer militärischen Strategie wie etwa dem erwarteten Befreiungsschlag durch den Messias, kommt alles auf den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort an. Der Feind wird beobachtet und belauert, bis der richtige Zeitpunkt am richtigen Ort zum Losschlagen kommt. Und auf den Überraschungsmoment kommt es an „Siehe!“ „Achtung!“

Aber so kommt das Reich Gottes nicht, sondern: „Siehe! Achtung! Das Reich Gottes ist bereits mitten unter euch!“ (Lukas 17,21b). Was für eine Überraschung ist das denn! Jesus sagt den Pharisäern: Das Reich Gottes ist schon da, ist schon angebrochen. Mit mir! In meiner Schwachheit! Es wächst, verachtet wie das Senfkorn und der Sauerteig. In Taten der Liebe und Barmherzigkeit. In der Feindesliebe. Beim Gespräch mit der samaritischen Frau. Bei der Heilung von verhassten Ausländern. In der Gestalt des „Barmherzigen Samariters“. Nicht im Schwert des Petrus, sondern im leidenden Knecht Gottes, der dem Feind das abgeschlagene Ohr heilt.

Jetzt sind die Pharisäer wieder an der Reihe. Sie müssen sich entscheiden: Geben wir unsere Vorstellungen vom Reich Gottes auf und folgen wir dem so ganz anderen Messias nach? Oder halten wir an unseren Vorstellungen vom Messias fest und verwerfen den Mann aus Nazareth?

Jetzt sind die Pharisäer an der Reihe. Immer wieder. Bis heute. Denn sie sterben nicht aus. Es sterben nicht aus, die das Reich Gottes mit Gewalt bauen wollen, die überall Feindschaft wittern, die ihre Missionsobjekte als Feinde sehen, die der Heilige Krieg inspiriert und nicht der Geist Gottes.

Welchen Messias wollt ihr? Den, der seine Feinde belauert? Der darauf wartet, bis er endlich losschlagen kann? Dass es nur so blitzt und kracht (Lukas 17,24)? Oder den, der seine Feinde mit Liebe überwindet und sie zu Freunden macht? Der verletzlich und schwach unter ihnen lebt, leidend durch ihre Hände und ihnen doch segnenden Hände reichend (Lukas 17,25)?
Freilich, er wird kommen, dass es nur so blitzt und kracht, in Macht und Herrlichkeit. Aber liest man die Aussage Jesu „in ihrem Zusammenhang, nämlich als Aussage, die an die Pharisäer gerichtet ist, die auf ein Heilungswunder folgt (Lukas 17,11-19) und die einen ganzen Diskurs über eine zukünftige Eschatologie einleitet (Lukas 17,22-18,8), dann passt sie besser zum vorwiegend zukunftsorientierten Sinn des Reiches Gottes, wie es uns sonst überall bei Lukas und der gesamten synoptischen Tradition begegnet. Auf diese Weise verstanden, würde der Verse bedeuten, dass, während die Fülle des Reiches noch kommen wird, es im heilenden Wirken Jesu schon ausreichend erkennbar ist, um Augenzeugen zu einer Glaubensentscheidung für Jesus als den von Gott bestätigten Bevollmächtigten des Reiches zu führen. Es hat nichts mit privater, individualistischer Frömmigkeit zu tun“ (Vinano, Benedict Thomas, O.P.: Das Reich Gottes in der Geschichte: Zwischen Befreiungsbotschaft und Machtlegitimation, 2014, unter „Albertus Magnus“).