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Kalenderblatt: Hudson Taylor beginnt seine erste Reise nach China

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„Der Wind pfeift schrill durch die Takelage, die Segel dröhnen wieder unter der Gewalt von Wind und Regen, die Masten krachen, das Schiff schwankt und legt sich zur Seite, und die Wellen, die es treffen, lassen jedes einzelne Holz erzittern.“

James Hudson Taylor war 82 Tage auf seiner ersten Reise nach China, als er diese Worte in sein Tagebuch schrieb. Die Dumfries hatte am 19. September 1853 ihren Liegeplatz in Liverpool verlassen, mit Kurs auf Shanghai. Um Neujahr herum befand sich die Bark etwa 500 Meilen vor Australien und hatte immer noch über 4.000 Meilen zurückzulegen.

Taylor war der einzige Passagier an Bord des Frachtschiffes. Er pflegte eine gute Beziehung zum Kapitän und zu ein oder zwei Crewmitgliedern. Die meisten jedoch standen dem werdenden Missionar gleichgültig gegenüber, manche waren ihm gegenüber sogar feindselig.

Aber Taylor war nicht untätig. Er nutzte seine Fähigkeiten als Arzt, half an Deck, reffte Segel und zeichnete Details von Inseln, um bei der Navigation zu helfen.

An den Sonntagen organisierte Taylor morgens und abends Gottesdienste. Doch die Mannschaft war nicht bereit, seine Leidenschaft fürs Predigen zu ertragen. Als er einen Gottesdienst einmal um 40 Minuten verlängerte, erschien niemand mehr zur nächsten Zusammenkunft. Aber in Zeiten der Flaute waren sie dankbar für seine Gebete. Mehr als einmal wurde seine Bitte um eine frische Brise erhört, die das Schiff weiter voranbrachte.

Am 22. Februar sah Taylor zum ersten Mal China, als die Dumfries die Ostküste Taiwans hinauffuhr und dem Festland entgegensteuerte. Drei Tage später ankerten sie vor Gützlaffs Insel – benannt nach Karl Gützlaff, einer Schlüsselfigur in den kolonialen Angelegenheiten und in der frühen protestantischen Mission in China.

Boote mit Fischern näherten sich dem Schiff und boten gegen Bezahlung an, es nach Shanghai zu lotsen. Für Taylor war es die erste Begegnung mit Chinesen, und er war so bewegt, dass er schrieb: „Wie sehr sehnte ich mich danach, ihnen das Evangelium predigen zu können.“

Erst am 1. März konnte der Passagier schließlich das Schiff verlassen und an Land gehen. Um fünf Uhr nachmittags erfüllte Taylor seinen Traum, chinesischen Boden zu betreten und sich unter die Menschen zu mischen, die er evangelisieren wollte.

„Meine Gefühle, endlich bei diesem Volk angekommen zu sein, lassen sich nicht beschreiben. Mir war, als würde mein Herz aus seiner Stelle springen – als wäre kein Platz genug für es.“

Taylor war der erste China-Missionar der in London ansässigen Chinese Evangelisation Society (CES), einer von Gützlaff initiierten Organisation. In seiner Tasche trug Taylor drei Empfehlungsschreiben.

Doch obwohl Taylors Herz jubelte, das Land betreten zu haben, das fortan sein Leben bestimmen würde, warteten keine Kollegen auf ihn. Ein Besuch beim Konsulat zeigte, dass zwei seiner drei Briefe nutzlos waren – einer der vorgesehenen Helfer war bereits fünf Monaten zuvor gestorben, ein zweiter zwei Jahre zuvor in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt.

Man wies ihn zum Haus von Dr. Walter Medhurst, einem prominenten Mitglied der London Missionary Society (LMS). Doch zu Taylors Enttäuschung wurde klar, dass Medhurst und seine Frau verreist waren. Kein ermutigender Beginn für einen 21-jährigen, frischgebackenen Missionar!

Taylor wurde von Mitgliedern der LMS „gerettet“, erhielt eine Unterkunft, Hilfe beim Einleben in Shanghai, Ratschläge zum Erlernen des Mandarin und wurde in ihre Missionsarbeit eingebunden.

Seine eigene Organisation, die CES, erwies sich als völlig nutzlos in Bezug auf Unterstützung und Finanzen. Bei seinem ersten Besuch im Postamt erhielt er lediglich zwei Exemplare der Vereinszeitschrift. Auf Antworten zu seinen Bitten um Leitung und Geld musste er vier Monate warten.

Als ob seine persönlichen Schwierigkeiten nicht genug gewesen wären, war das China, das Taylor betreten hatte, von Unsicherheit geplagt und im Bürgerkrieg. Taylor schrieb: „…der Kanonendonner erschüttert das Haus… die Fenster klirren heftig. Ich fand… die halb verscharrte Leiche eines Mannes ohne Kopf.“

Der Taiping-Aufstand, der 1850 begonnen hatte, war eine Erhebung um Hong Xiuquan, einen Visionär, der zunächst christliche Überzeugungen und Praktiken mit Machtstreben verband.

Hongs Truppen eroberten weite Gebiete im Süden, teilten China in zwei Hälften, errichteten eine Regierung in Nanjing und drohten, auf den kaiserlichen Regierungssitz in Peking zu marschieren. Die kaiserlichen Truppen waren schlecht vorbereitet und entmutigt.

Eine dritte Kraft gewann ebenfalls an Einfluss: die Triaden. Sie ergriffen die Gelegenheit, die der Erfolg der Taiping bot, und griffen zu den Waffen – manchmal verbündet mit den Taiping, oft aber auch eigenständig. Die Triaden besetzten nun Teile Shanghais und lieferten sich tägliche Kämpfe mit den kaiserlichen Truppen.

Taylor und andere Missionare waren ständig in Gefahr durch umherirrende Kugeln und Kanonenschüsse. Gewalt war alltäglich, Menschen wurden für Lösegeld entführt oder misshandelt. Leichen lagen unbeerdigt auf den Straßen.

Während es in Taylors ersten Missionsbemühungen einige Ermutigungen gab, blieben auch Enttäuschungen nicht aus. Einer der Seeleute der Dumfries, der Interesse am Evangelium gezeigt hatte, ertrank nach einem Trinkgelage im Fluss.

Aber Taylor ließ sich trotz dieser Entmutigungen nicht aufhalten. Er war von einer tiefen Leidenschaft für das Heil der Chinesen angetrieben. Schon wenige Tage nach seiner Ankunft verteilte er in der Stadt Traktate und reiste bald ins Umland, um die LMS-Missionare zu unterstützen.

Aus diesen frühen Erfahrungen zog Taylor viele Lehren, die er elf Jahre später in die Gründung der China Inland Mission einbrachte.

In einem Land mit 400 Millionen Einwohnern gab es damals etwa 350 chinesische Christen und 55 protestantische Missionare aus einigen wenigen Gesellschaften. Ihre Tätigkeit konzentrierte sich auf einige Zentren entlang der Ost- und Südküste. Die riesigen Binnengebiete waren völlig unberührt.