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Magdeburg und der „Skandal der Gnade“

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Timothy McVeigh, Jahrgang 1968, war ein vielfach ausgezeichneter Kriegsveteran des ersten Golfkriegs. Er hatte so viele Menschen getötet, dass er, wie Shane Claiborne sich ausdrückt, dass er „erschüttert, wahnsinnig, entmenschlicht“ von dort zurückkehrte. Um zu zeigen, wie schrecklich Krieg ist, verübte er 1995 einen Bombenanschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City. 168 Menschen starben. Er wollte der amerikanischen Öffentlichkeit zeigen, wie Kollateralschaden aussieht. Sein Terrorakt war ein Aufschrei gegen Blutvergießen. Aber niemand hörte ihn. Claiborne beschreibt den Zynismus der Vergeltung: „Die Regierung, die in zum Töten ausgebildet hatte, lehrte den Rest von uns, dass es falsch ist zu töten.“ McVeigh wurde 1997 zum Tode verurteil. Das Urteil wurde 2001 vollstreckt.

Bud Welsh, der Vater des damals dreiundzwanzigjährigen Opfers Julie Welsh, war zuerst voller Wut und Hass. Aber dann erinnerte er sich an die Worte seiner Tochter, die Versöhnung befürwortet hatte. Sie hatte immer wieder gesagt: „Todesstrafe lehrt Hass!“ Er entschied sich dafür, die Eltern von Timothy McVeigh kennenzulernen. Es folgte eine enge und herzliche Freundschaft mit ihnen. Er bekannte: „Nie fühlte ich mich Gott näher als in dieser Freundschaft.“ Unermüdlich reiste er durch die Staaten und hielt Reden für Versöhnung und gegen die Todesstrafe, die davon ausgeht, dass es Menschen gibt, die nicht mehr erlöst werden können. Er setzte sich für die Begnadigung von Timothy McVeigh ein. Während er das tat, spürte er, „wie eine große Last von ihm abfiel“. Er verarbeitete seinen Zorn, seinen Schmerz und seine Verstörung. Er verstand, dass die Spirale der Gewalt durch Vergeltung bei ihm enden musste. Er fing an, Timothy McVeigh, dem Mörder, in die Augen zu schauen und in ihm ein Ebenbild Gottes zu sehen. Das weckte eine Sehnsucht nach Liebe, Gnade und Vergebung. Bud Welsh ist einer der Menschen, die trotz allem Terror an den „Skandal der Gnade“ glauben (Claiborne, Shane. 2006. Irresistible Revolution: Living as an Ordinary Radical. Grand Rapids, MI: Zondervan. Seiten 260-262).

Ich bete für mich und alle Menschen, besonders für uns Christen, dass wir es Bud Welsh gleichtun, dem immer stärker werdenden Sog der hasserfüllten Radikalisierung und der perfiden Polarisierung widerstehen und starrsinig an den „Skandal der Gnade“ glauben. DAS ist Mission!

Deutscher Titel von Shane Claibornes Buch: Ich muss verrückt sein, so zu leben: Kompromisslose Experimente in Sachen Nächstenliebe